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Günter Henkel: Ein Brief aus Bjelorussland

Die Firma Ortlinghaus-Werke war mit einem Teil ihrer Produktion laut Aktenlage im Stadtarchiv Montabaur spätestens Anfang 1944 von Remscheid nach Montabaur verlegt worden. Hier waren die Hallen der früheren Fabrik Olig übernommen worden. In einem Teil dieser Fabrik war jedoch seit 1939 das Kriegsgefangenenlager der Ortsbauernschaft Montabaur und des Sägewerks Quirmbach untergebracht.

Luftbild von Montabaur um 1934. Obere Bildhälfte links der Stadtteil Allmannshausen, in dem sich ab 1944 die Ortlinghauswerke befanden.

Die Ortlinghaus-Werke benötigten aber für die Geschossproduktion alle Räume der Fabrik Olig, so dass es schließlich zur Aufstellung einer großen Baracke in Allmannshausen (Grundstück Parzelle 3937, Flur 22) kam. In dieser Baracke haben ab 1944 nicht nur Kriegsgefangene, sondern auch "Ostarbeiter", Männer, Frauen und Kinder, gelebt. Frau Batzukowa erinnert sich nur, dass es "neben dem Lager ... viele Bretter und Holzstämme" gab. Bestätigt wird der Standort des Lagers durch ein Schreiben der Ortspolizeibehörde vom 6. Dezember 1944 an den Landrat. Das Schreiben gibt aber auch Auskunft über die Umstände, unter denen die Familie Batzukow in dieser Zeit gelebt hat. Der Polizeibericht betrifft "Barackenlager der Firma Ortlinghaus-Werke in Montabaur ... hier Allmannshausen". [20] Der nun folgende Überprüfungsbericht wird gerade durch seinen überwiegend spröden Stil im Fortschreiten des Textes zu einem Schreckensprotokoll. Die Aufgabe des Berichts wird zunächst genannt: - Sieben Schlaf- und Unterbringungsräume für die Ostarbeiter und -arbeiterinnen sowie der Kinder sind zu kontrollieren. Anfänglich seien nur polnische und russische Frauen hier untergebracht gewesen, die für Sauberkeit gesorgt hätten; "zu dieser Zeit war über die Reinlichkeit nichts einzuwenden". Erstmals werden Worte menschlicher Anteilnahme gebraucht, als von der Verpflegung gesprochen wird, "die sehr zu wünschen übrig" lasse, weil das Essen "niemals mit Liebe und Sorgfalt zubereitet wurde. Fleisch und Fett habe niemals" festgestellt werden können, da diese den Ostarbeitern zustehenden Lebensmittel "in die Küche der deutschen Belegschaft" gewandert seien. "30 bis 34 Personen" wurden "in einem Zimmer zusammengepfercht, ... als die russischen Familien den Ortlinghaus-Werken zugewiesen wurden."

 

[20] Stadtarchiv Montabaur, Abt. 4, Nr. 1344.

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