Günter Henkel: Ein Brief aus Bjelorussland |
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Dass Kinder zur Arbeit in der Industrie herangezogen wurden, ist auch anderswo belegt: "Das Kind Agathe Nowacke, Kontr.-Nr. 832, beschäftigt in der Konerei, wurde heute dem Lagerarzt vorgeführt. Nach Angabe von Herrn Dr. Römer leidet es an Körperschwäche und Unterernährung und ist künftig nicht mehr arbeitseinsatzfähig. Laut Eintrag im Krankenbuch bedeutet ein weiterer Einsatz dieser 10jährigen Kindermord." [11] Während in der erstgenannten Liste alle Aufgeführten "Russen" genannt werden und nur die vielfach gegebenen Geburtsorte auf den Nationalitätenstaat UdSSR hinweisen, bringt die zweite Liste in der Spalte "Nationalität" durchweg die Bezeichnung "Ostarbeiter". Diese Bezeichnung wird z.B. in der Führerbesprechung vom 10. bis 12. August 1942 gebraucht, in der Hitler zum Einsatz von "O s t a r b ei t e r n" vermerkt, mit "jeder Zwangsmaßnahme einverstanden" zu sein, "falls diese Frage auf freiwilliger Basis nicht durchzuführen sei." [12] An anderer Stelle wird auf die Diffamierung der Ostarbeiter verwiesen, die z.B. ein Abzeichen "Ost" tragen mußten. [13] Von dieser entwürdigenden "Kenntlichmachung" waren bestimmte Gruppen der Ostarbeiter ausgenommen. Der Landrat in Montabaur erhielt am 26. Januar 1945 eine Verfügung des Befehlshabers der Ordnungspolizei Wiesbaden (Wehrkreis XII), in der Ostarbeiter genannt werden, "die sich im Arbeitseinsatz bei Pol.-Dienststellen" befinden und deren Familienangehörige "Befreiung von den sicherheitspolizeilichen Sondervorschriften" erhielten. Eine also sich aus Ostarbeitern rekrutierende Lagerpolizei sollte "in Kürze als Freiwillige der Deutschen Polizei" [14] übernommen werden. Hier wird deutlich, wie zu Zeiten der militärischen Rückschläge sich die Notwendigkeit ergab, selbst auf "Ostarbeiter" als Hilfswillige zurückzugreifen. [11] Anatomie des Krieges (wie Fußnote
6), S. 432. |
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