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Volker Brecher: Zwangsarbeit in Worms

Für nahezu alle Bereiche des Arbeitseinsatzes war die Herkunft der Fremdarbeiter von maßgeblicher Bedeutung. So wurden ausländische Arbeitskräfte zum einen nach politischen Kriterien in Arbeiter aus befreundeten oder neutralen Staaten und in Arbeiter aus besetzten oder annektierten Gebieten unterteilt. [2] Dabei konnte die erste Gruppe mit deutlich besseren Arbeits- und Lebensbedingungen rechnen. Neben dieser Einteilung wurden die Fremdarbeiter jedoch auch unter „abstrusen“ rassischen Gesichtspunkten beurteilt, was zu einer weiteren Differenzierung führte. So wurde grob zwischen „Arbeitnehmer germanischer Abstammung“ (Norweger, Dänen, Niederländer, Flamen) und „fremdvölkische Arbeitnehmer“ (alle anderen) unterschieden. [3] Unter diesen gab es wiederum sehr deutliche Unterteilungen, die zum Beispiel dazu führten, daß der französische Arbeiter wesentlich „höher“ als der „bolschewistischen Untermensch“ eingeschätzt wurde. Das diese staatlichen Vorgaben natürlich nicht der Realität entsprachen, musste bei unvoreingenommener Betrachtung jedem auffallen und geht auch aus einem Briefwechsel zwischen dem Unternehmer Otto K. und Baron Ludwig von Heyl, dem Betriebsleiter der Heylschen Lederwerke Liebenau, hervor. Otto K. beschreibt dem Baron die in seinem Betrieb beschäftigten Fremdarbeiter in einem Brief vom Januar 1944:

"Die Serben sind prachtvoll, keine Slawen, wohl Dinarier: schlank und dunkel.
Am wenigsten leisten die ukrainischen Zivilarbeiter, gleichgültig und ohne Trieb zur Arbeit. Italiener sind doch gut, weil sie fleißig sein können, wenn Sie gut verdienen und von allen die Intelligentesten, während die russischen Gefangenen wohl die [best ?] zu leidendsten sind. Das ist also ein bunter Haufen auf unseren Gütern, auf unserem Gut sind auch noch Franzosen: eigenartig, wie gerade sie uns so sehr sympathisch geworden sind. Am einzelnen merkt man nichts dekadentes ganz und gar nicht; (...)" [4]

 

[2] Vgl. Maier, Arbeitsverwaltung, S. 72.
[3] Vgl. Spoerer, Zwangsarbeit, S. 25.
[4] Brief von Betriebsleiter Otto K. an Baron Ludwig vom 3. Januar 1944. StAWo Abt. 185 Nr. 104 (03.01.1944).

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