"Westarbeiter" im Gebiet des heutigen Rheinland-Pfalz
Nach
der Besetzung eines Teils von Frankreich im Jahr 1940 begannen deutsche
Arbeitsvermittlungsbüros mit der Anwerbung von jungen französischen
Fachkräften für das Deutsche Reich. Im März 1942 dehnte
der "Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz",
Fritz Sauckel, die Arbeitsdienstpflicht auf alle besetzten Gebiete aus
und forderte von Frankreich bestimmte Kontingente an. Mit dem Vichy-Regime
wurde zunächst ein Austausch von Kriegsgefangenen gegen Facharbeiter
vereinbart. Als die Zahlen der Freiwilligen hinter den Erwartungen zurückblieben,
führte Vichy-Frankreich die Arbeitspflicht ("Service du Travail
Obligatoire", kurz "S.T.O." genannt) für Männer
zwischen 18 und 50 Jahren sowie für ledige Frauen bis 35 ein. In
den Jahren 1942 und 1943 wurden mehrere Hunderttausend zwangsverpflichtete
junge Franzosen nach Deutschland geschickt. Außerdem wurde ein
Teil der französischen Kriegsgefangenen in den Zivilarbeiterstatus
entlassen und konnte nun ebenfalls in der deutschen Rüstungsindustrie
eingesetzt werden.
Die meisten der französischen Zwangsarbeiter
mussten in Lagern wohnen. Als "Westarbeiter" hatten sie allerdings
mehr Freiheit als die "Ostarbeiter" und waren bei der Nahrungsmittelzuteilung
etwas besser gestellt. Dennoch litten auch die Franzosen fast ständig
an Hunger.
Dokument: Zitat
Octave Fort über das Essen im Lager in Wissen
Die Gestapo brachte den Franzosen großes Misstrauen entgegen.
Sie wurden staatspolizeilich überwacht und ihre Post wurde zensiert.
Der Kontakt mit ihren kriegsgefangenen Kameraden war ihnen verboten,
ebenso der Umgang mit Zwangsarbeitern aus Osteuropa.
Beispiel: Das Weißblech-Walzwerk in Wissen an der Sieg
In diesem kriegswichtigen Betrieb waren zwischen 1943 und 1945 über
1.500 Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen eingesetzt, darunter auch
zahlreiche junge Franzosen. Einer von ihnen war der 21-jährige
Seminarist Octave Fort aus der Vendée.
Er musste im Weißblech-Walzwerk in Wissen an der Sieg arbeiten
und wohnte im dortigen Lager "Union II". Am 11. März
1945 wurden bei einem Luftangriff zahlreiche seiner Landsleute sowie
viele Ukrainerinnen und Angehörige anderer Nationen getötet.
Wie seine Kameraden, litt er unter der schweren, gefährlichen Arbeit
im Walzwerk, unter den harten Bedingungen des Lagerlebens, unter dem
Hunger und der Angst vor den Bombenangriffen. Er erlebte aber auch die
Hilfe und Freundschaft durch eine deutsche Familie, die ihm das Zwangsarbeiter-Dasein
erleichterte und beim Überleben half.

Abbildung links: Das Weißblech-Walzwerk in Wissen an der SIeg
Abbildung rechts: Das Lager der französischen Zwangsarbeiter
Quelle: Octave Fort: "Du bist noch mehr mein Sohn".
Die Geschichte eines Zwangsarbeiters in Deutschland 1943-1945, Wissen
1996
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