Hedwig Brüchert:
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Vorbemerkung: Der folgende Beitrag wurde ursprünglich zur Verwendung in der erweiterten Dauerausstellung "Rheinland-Pfalz: die Zeit des Nationalsozialismus in unserem Land" in der Gedenkstätte "Ehemaliges KZ Osthofen" verfasst, die im Frühjahr 2004 neu eröffnet werden soll. Er will einen Überblick zu diesem Thema geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vielmehr kann er nur Schlaglichter auf einzelne Ortschaften, Fabriken und Regionen des Landes Rheinland-Pfalz werfen, die jedoch beispielhaft für die Verhältnisse und Ereignisse auch in den übrigen Orten und Regionen des Landes sind. Der Einsatz von ausländischen Kriegsgefangenen, der sich nochmals von dem der Zivilarbeitskräfte unterschied, ist hier nicht berücksichtigt.
Zwangsarbeit war während der Kriegsjahre im "Dritten Reich"
allgegenwärtig und beschränkte sich nicht auf die Rüstungsindustrie.
"Fremdarbeiter" und "Fremdarbeiterinnen" waren in
allen Groß-, Mittel- und Kleinbetrieben, im Handwerk und im Gastgewerbe,
in der Landwirtschaft und in Privathaushalten ebenso wie in Staatsbetrieben,
kommunalen Verwaltungen und kirchlichen Einrichtungen in allen Regionen
Deutschlands in Stadt und Land zu finden. Während sich ein Teil der Arbeitskräfte in der ersten Zeit noch hatte freiwillig anwerben lassen, nahmen die zwangsweisen Rekrutierungen bis hin zu gewaltsamen Deportationen mit dem Fortschreiten des Krieges immer mehr zu. Je nach ihrem Herkunftsland waren die ausländischen Männer und Frauen einem abgestuften System von Diskriminierungen, Verboten und Vorschriften unterworfen, das seine Wurzeln in dem menschenverachtenden, rassistischen Denken der nationalsozialistischen Herrscher hatte. Am härtesten waren die Lebensbedingungen für die sogenannten "Untermenschen" aus den osteuropäischen Ländern. Doch auch wenn "Westarbeiter" etwas besser behandelt und ernährt wurden, war allen ausländischen Arbeitskräften in Deutschland während des Krieges eines gemeinsam: Sie waren in ihrer persönlichen Freiheit stark eingeschränkt, durften ihren Arbeitsplatz nicht verlassen, lebten zum großen Teil unter unzumutbaren Bedingungen in Lagern und wurden bereits wegen geringer Verstöße gegen die rassistischen, strengen Ausländerbestimmungen drastisch bestraft. Sie alle waren daher "Zwangsarbeiter".
Abbildung links: Ostarbeiterinnen in der IG Farbenindustrie, Werk
Ludwigshafen Auch im Gebiet des heutigen Landes Rheinland-Pfalz wurde die Kriegswirtschaft mit Hilfe von vielen Tausenden von Zwangsarbeitskräften aus fast allen europäischen Ländern in Gang gehalten. Im September 1944 zählte man in den heute zu Rheinland-Pfalz gehörenden Gebieten der Gauarbeitsamtsbezirke Moselland (ohne Luxemburg), Westmark (ohne Lothringen und heutiges Saarland) und Rhein-Main (hiervon die Arbeitsamtsbezirke Mainz, Niederlahnstein und Worms) über 131.000 Ausländerinnen und Ausländer, darunter über 54.000 "Ostarbeiter". Allein in dem Industriezentrum Ludwigshafen waren Ende 1943 mehr als 20.000 Ausländer registriert, von denen ein großer Teil in den Chemiewerken der I.G. Farbenindustrie beschäftigt war. |