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Zitat Octave Fort über das Essen im Lager in Wissen (aus:
Octave Fort: "Du bist noch mehr mein Sohn". Die Geschichte
eines Zwangsarbeiters in Deutschland 1943-1945, Wissen 1996, S. 46-47):
"Während des gesamten ersten Jahres schufteten wir, kämpften
gegen den Hunger und versuchten mehr schlecht als recht, ein gutes,
kameradschaftliches Verhältnis zu wahren. Wenn wir traurige Momente
erlebten, versuchten wir, uns abzulenken, sangen, lachten...
Aber von Juli 1944 an sollte sich alles immer mehr verschlechtern. Nach
dem Attentat auf Hitler und dem Vorstoß der Alliierten an allen
Fronten wurde die SA wachsamer und aggressiver. Einige von uns wurden
in Konzentrationslager überführt. Wir erhielten keine Nachrichten
mehr von unseren Familien. Die Bombardierungen auf Wissen und Umgebung
vervielfachten sich. Es gab Hunderte von Toten und unter ihnen viele
unserer Kameraden.
Das Grundelement unseres Mittagessens war immer dasselbe: ein undefinierbares
Kraut. Ich sehe noch den Koch vor mir, wie er mit einer großen
Gabel das Kraut, das in einer Lake schwamm, aus einem großen Fässchen
fischte, an dessen ekligen Geruch ich mich noch ein halbes Jahrhundert
später erinnere, wenn ich an Silos vorbeigehe. Zu diesem Sauerkraut
gab es zwei oder drei Kartoffeln und ein Stück Wurst oder Fleisch
von nicht gerade bester Qualität.
Mit Wasser angereichert und aufgewärmt, verwandelte es sich am
Abend in eine Suppe, die nie zu Ende ging und das einzige Gericht unseres
Abendessens war. Uns standen auch einige Scheiben Graubrot und eine
Portion Margarine zu.
Um trotz allem objektiv zu bleiben, füge ich hinzu, dass man uns
manchmal eine Portion Marmelade servierte, und ziemlich lange Zeit gelang
es unserem Koch sogar, uns einmal in der Woche einen Blechkuchen zu
backen, der im Vergleich zu unserem gewöhnlichen Menü fast
luxuriös war."
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