Volker Brecher: Zwangsarbeit in Worms |
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Die geschilderte Ernährungssituation in den Wormser Lagern kann ohne Übertreibung als katastrophal bezeichnet werden. Glücklich waren diejenigen Arbeiter, die von deutschen Kollegen ab und zu etwas zugesteckt bekamen. So berichtet Herr Pereschanov über den bereits erwähnten Ludwig P.: "Er hatte Mitleid mit mir und wenn es möglich war, hatte er sein Mittagessen mit mir geteilt (1-2 Kartoffeln). Für mich war es wertvoller als eine Schokolade." [15] Auch hinsichtlich der Ernährung gab es somit gravierende Unterschiede: Westarbeiter, die nicht in den Lagern untergebracht waren, besaßen die selben Lebensmittelkarten wie die Deutschen, russische Haushaltsgehilfinnen und polnische Landarbeiter erhielten zumeist die gleiche Kost wie die Familien, bei denen sie untergebracht waren. Ähnlich verhielt es sich auch in allen anderen Bereichen, die den Alltag der ausländischen Arbeitskräfte prägten, seien dies die Freizeitgestaltung, die Arbeitszeiten, die Entlohnung oder die Krankenversorgung. Überall muß eine starke Differenzierung vorgenommen werden und es kann nicht ohne weiteres von der Situation der Zwangsarbeiter gesprochen werden. Anhand der beiden Aspekte Unterbringung und Ernährung wurde aufgezeigt, dass keineswegs generell davon gesprochen werden kann, dass die Lebensverhältnisse der ausländischen Arbeitskräfte erträglich oder sogar besser als in ihren Heimatländern gewesen seien. Der Umkehrschluß ist jedoch ebenso unzulässig, denn es wurde deutlich, daß nicht grundsätzlich und für alle ausländischen Arbeitskräfte die Arbeits- und Lebensbedingungen unerträglich und katastrophal gewesen sind. Nur durch genaue Betrachtung der individuellen Umstände lassen sich daher Vorurteile und Fehlschlüsse vermeiden.
[15] StAWo Ordner Zwangsarbeiter (22.02.2000), als Kopie vorhanden. |
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