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Christine Hartwig-Thürmer: Zwangsarbeit in Mainz-Gustavsburg 1942-1945

Im Mittelpunkt der Forschungen standen bisher die durch Rüstungsaufträge stark profitierende M.A.N. und die dort beschäftigten und in Lagern unterbrachten Zwangsarbeiter während des Zweiten Weltkrieges.

Die Vereinigten Deutschen Metallwerke (VDM), Halbwerkzeuge GmbH, Abteilung Drahtwerk Mainz-Gustavsburg, von den Einheimischen nur "Kupferwerk" genannt, waren ein wesentlich kleinerer Betrieb, wo 1942 96 ausländische Arbeitskräfte beschäftigt waren (die Zahlen waren sogar rückläufig). Trotz der räumlichen Nähe der beiden Firmen liefen Einsatz und Unterbringung der Arbeitskräfte völlig getrennt ab.

Aus einem nur zufällig erhaltenen und bisher nicht vollständig ausgewerteten Bestand an Lohnlisten und Karteikarten [18] bekommen wir einen genauen Einblick in den Kreis der ausländischen Beschäftigen: Unter den 96 Zivilarbeitern sind 48 Italiener, 44 Holländer, zwei Luxemburger und ein Belgier. Eine Italienerin ist die einzige Frau unter ihnen. 1941 und 1942 wurden zunächst Italiener angeworben, meist mit Verträgen über ein Jahr. Es waren vor allem verheiratete, ältere, kinderreiche Hilfsarbeiter aus ländlichen Gebieten Italiens. Einige werden als Mitglied der faschistischen Partei Italiens (FNF= Federazione Nazionale Fascistica) genannt. 13 (von 48) treten bei Vertragsende aus der Firma aus, 14 lösen ihren Vertrag vorzeitig, vier kehren vom Urlaub nicht zurück, drei scheiden wegen Krankheit aus, drei weil sie nach Ansicht der Firma ungeeignet seien.

Von 1943 an stellt die VDM Gustavsburg junge, ledige Holländer ein, die fast alle eine Berufsausbildung mitbringen: in der Landwirtschaft, Seefahrt, Fischerei, auch vereinzelt ein Büroangestellter. Noch im Januar 1945 werden holländische Arbeitskräfte eingestellt. Das Austrittsdatum und der Austrittsgrund sind aber nur in wenigen Fällen verzeichnet (von 44 sind 36 ohne Angabe). Zwei Holländer entflohen, zwei wurden krank. Martin Johannes Herfst wird am 18. Januar 1944 durch die Gestapo in Haft genommen; Arij Piek wird am 22. April 1944 gegen einen Ukrainer ausgetauscht.

Bei den 48 Ostarbeitern zeigen die Eintrittsdaten Schwerpunkte der Rekrutierung Ende Juli/Anfang August 1942 (36 Personen) und Mitte Juli 1943 (10 Personen), wobei viele nur wenige Wochen oder drei bis fünf Monate bleiben.

 

[18] Ein Betriebsratsmitglied, Thomas Grasmück, fand die Papiere Ende der 70er Jahre in einem Abfallcontainer und übergab sie später Lothar Bembenek, der sie seiner Sammlung von Archivalien hinzufügte, die beim Förderkreis Aktives Museum deutsch-jüdischer Geschichte e.V., Spiegelgasse 7 in Wiesbaden eingesehen werden können. Außer den Lohnlisten sind dies Karteikarten von 96 Zivilarbeitern aus Italien und den Benelux-Ländern, 15 französischen Kriegsgefangenen, 21 französischen Zivilarbeitern, je einem Ukrainer, Westukrainer, Kroaten und 48 Ostarbeitern, sowie eine weitere Sammlung von Karten von 27 Ostarbeitern, deren Namen aber z.T. schon unter den genannten 48 erfasst sind.

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