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Eginhard Scharf: Die Verfolgung pfälzischer Frauen wegen "verbotenen Umgangs" mit Ausländern

Führungsbericht der Kommandantur des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück für eine wegen verbotener intimer Beziehungen zu einem Polen inhaftierten 22-jährigen Reichsdeutschen. Die Entlassung der "Schutzhaftgefangenen" wurde jedoch vom Reichssicherheitshauptamt trotz der positiven Stellungnahme der Lagerleitung abgelehnt.

In einem Fall vom Dezember 1942 ordnete SS-Chef Heinrich Himmler persönlich "auf Grund der ihm erteilten Ermächtigung" die Schwangerschaftsunterbrechung an. [57] Im gleichen Monat sollte in einem anderen Fall eine Abtreibung auf seine Anweisung hin im Frauen-KZ Ravensbrück durchgeführt werden. [58]

Die heuchlerische Haltung der Polizeiführung in der Abtreibungsfrage zeigt folgender Fall: Als eine schwangere 14-jährige nach ihrer Rückkehr von der Polizeidirektion Kaiserslautern, wo sie einem Gestapoverhör unterzogen worden war, eine Fehlgeburt erlitt, verdächtigte die Gestapo Neustadt sie eines illegalen Schwangerschaftsabbruches - wenig später ging in Neustadt eine Mitteilung der noch nicht über den aktuellen Sachstand informierten Berliner Zentralbehörde ein, derzufolge Himmler beabsichtige, in demselben Fall die Schwangerschaftsunterbrechung anzuordnen. [59]

Alle Maßnahmen im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen unterlagen strikter Geheimhaltung. Wenn sich die Schwangere dafür entschied, ihr Kind auszutragen, ließ die Gestapo sie bis zum Ende der Stillzeit unbehelligt [60], um sie erst danach den üblichen Strafverfolgungsmaßnahmen zu unterziehen - eine Vorgehensweise, die werdende und junge Mütter zu KZ-Häftlingen auf Abruf machte. Das Martyrium, dem die betroffenen Frauen in der Zwischenzeit ausgesetzt waren, lässt sich unschwer ausmalen. [61] Mit Einwilligung der Mutter konnten aus Verbindungen mit Polen hervorgegange Kinder, von den Gestapobeamten als "Polenbastarde" bezeichnet, nach der Geburt sterilisiert werden. [62] Die Namen der Kinder trug die Gestapo in eine Liste ein, die die Beamten "Bastardverzeichnis" [63] nannten.

[57] Fallbeispiel in LA SP Best. H 91 Nr. 7265, bes. fol. 14.
[58] Fernschreiben von Gestapochef Heinrich Müller vom 11. Dezember 1942, LA SP Best. H 91 Nr. 6649.
[59] LA SP Best. H 91 Nr. 7265.
[60] Zur Vorgehensweise vgl. etwa die Fälle in LA SP Best. H 91 Nr. 3851 und 6800.
[61] Als die Gestapo Neustadt Ende Mai 1943 die Wieder-Inschutzhaftnahme der 36-jährigen ledigen Landarbeiterin Emma W. aus Oberalben nach dem Ende der Stillphase betrieb und sich bei der Gendarmerie Kusel nach deren Verbleib erkundigte, erhielt sie von der Gendarmerie den Bescheid, dass die gesuchte Mutter vor wenigen Tagen und ihr Kind bereits drei Wochen vorher gestorben sei. Schreiben der Gendarmerie Kusel vom 7. Juni 1943, LA SP Best. H 91 Nr. 6800.
[62] LA SP Best. H 91 Nr. 524 fol. 20'.
[63] LA SP Best. H 91 Nr. 5367 fol. 63.

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