|
Die NS-Führung hatte zunächst
mit der Verordnung zur Ergänzung der Strafvorschriften zum Schutz
der Wehrkraft des Deutschen Volkes vom 25. November 1939 [3]
für Deutsche das Unterhalten von Beziehungen zu Kriegsgefangenen
unter Strafe gestellt und mit der Ausführungsverordnung über
den Umgang mit Kriegsgefangenen vom 11. Mai 1940 [4]
hierzu Rahmenbestimmungen gesetzt, die jeden Umgang und jede Aufnahme von Beziehungen zu Kriegsgefangenen
außerhalb der dienstlich gebotenen Berührung untersagten. Da es kein Gesetz gab, das den Umgang mit
polnischen, russischen oder ukrainischen Zivilarbeitern mit Strafe bedrohte, erweiterte die Gestapo
eigenmächtig die Umgangsbeschränkungen für deutsche Reichsbürger auch auf diesen Personenkreis. Wer von der
Gestapo des "verbotenen Umgangs" mit osteuropäischen Zivilarbeitern beschuldigt wurde, war damit von
"Schutzhaft" und KZ-Einweisung bedroht. [5] Polnischen Kriegsgefangenen
und Fremdarbeitern, seit einem Erlass Himmlers vom 20. Februar 1942 auch den Russen
[6], später auch Angehörigen anderer osteuropäischer Völker drohte bei nachgewiesenem
sexuellen Verkehr mit deutschen Frauen die Erhängung oder Erschießung durch die Gestapo ohne gerichtliche
Verurteilung. [7] Für die brutale Liquidierung von Ausländern auf der
Basis administrativer Verfügungen des Reichssicherheitshauptamtes war im "Dritten Reich" der Tarnbegriff
"Sonderbehandlung" gebräuchlich. [8]
[3] Reichsgesetzblatt I, S. 2319.
[4] Reichsgesetzblatt I, S. 769.
[5] Grundlage hierfür war die Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat
vom 28.Februar 1933, Reichsgesetzblatt I, S. 83. Zu den gesetzlichen Bestimmungen vgl. auch Anton Grossmann,
Polen und Sowjetrussen als Arbeiter in Bayern. In: Archiv für Sozialgeschichte 29. Jg. 1984,S. 355-397;
hier S. 374.
[6] LA SP Best. J 72 Nr. 464 S. 5.
[7] Die wichtigsten Polizei-Erlasse zur Lebensführung der Polen sind abgedruckt in:
Czeslaw Luczak (Hrsg.), Documenta occupationis Bd. IX: Polozenie Polskich Robotnikow Przymusowych w Rzeszy
1939-1945. Posen 1975. Alfred Konieczny und Herbert Szurgacz (Hrsg.), Documenta occupationis Bd. X:
Praca Przymusowa Polakow Pod Panowaniem Hitlerowskim 1939-1945. Posen 1976. Zu den Polenerlassen vom 8. März 1940
siehe Documenta Occupationis, Bd. X, S. 7 ff.; auch LA SP Best. H 37 Nr. 2624; Erläuterungen bei Herbert,
Fremdarbeiter (1986), S. 76-79.
[8] Zur "Sonderbehandlung" von Kriegsgefangenen und fremdvölkischen Arbeitskräften in
der Pfalz: Eginhard Scharf, Justiz und Politische Polizei. In: Ministerium der Justiz Rheinland-Pfalz (Hrsg.),
Justiz im Dritten Reich. Justizverwaltung, Rechtsprechung und Strafvollzug auf dem Gebiet des heutigen Landes
Rheinland-Pfalz. 2 Teilbände Frankfurt am Main 1995 (Schriftenreihe des Ministeriums der Justiz Bd. 3),
Teil 1, S. 623-755; hier S. 712-723. Ders., Quellenzeugnisse zum Umgang von Gestapo und Bevölkerung mit
den polnischen Fremdarbeitern in der Pfalz. Eine Spurensuche in den Akten der Gestapostelle
Neustadt an der Weinstraße. In: Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz 95 (1997), S. 401-474.
[zurück] [weiter] |
|