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Hedwig Brüchert: Zwangsarbeit 1939-1945 – der "Arbeitseinsatz" von zivilen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern in den Regionen des heutigen Landes Rheinland-Pfalz.

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Bericht der SD-Außenstelle Mayen an den SD-Abschnitt Koblenz vom 13.3.1943

"Einsatz der Ostarbeiter(innen):

Es ist allgemein bekannt, daß während des vergangenen Monates die Siegeszuversicht der Ostarbeiter in ihrem ganzen Wesen zu merken war. In einem Dorfgeschäft wurde erzählt: Eine Ostarbeiterin stellte sich nachmittags um 3 Uhr einen englischen Sender an, um Nachrichten in russischer Sprache zu hören. Die Bäuerin war nicht mächtig genug, sie vom Radio wegzubringen. Da sie unter keinen Umständen das Abhören dulden wollte, entfernte sie die Antenne. Dieser eine Fall, der bestimmt nicht vereinzelt ist, zeigt, wie anmaßend sich diese Völker benehmen, er zeigt aber auch, wie weit wir entfernt davon sind, ein Herrenvolk zu sein.

Folgendes soll sich in Plaidt ereignet haben: Die Ostarbeiterin, die bei dem dortigen Milchverteiler beschäftigt ist, soll sich wie folgt geäußert haben: ‚Hitler ist ein Lump, man müßte ihm den Hals abschneiden.' Sie soll diese Äußerung auf offener Straße getan haben. Man stelle sich den umgekehrten Fall mit einer solchen Behauptung gegenüber Stalin vor in Sowjetrußland. Der Fall müßte genau untersucht werden.
Bei einer Besprechung der politischen Lage in der Schule erzählte ein Junge dem Lehrer: Ein Ostarbeiter sagte zu seiner Brotherrin: ‚Weil Frau gut war, wird sie nicht gequält, bekommt nur den Hals abgeschnitten!'

Die Arbeitgeber müßten angewiesen werden, solche Äußerungen sofort der Polizei zu melden. Wenn das nicht geschieht, kommt es so weit, daß die Hilfsvölker sich als die Herren aufspielen (über den ‚Herrn Gefangenen' habe ich bereits früher berichtet). Die gegebenen Richtlinien für die Behandlung der eingesetzten Völker genügen nicht, sie sind viel zu allgemein gehalten.

Es wird ferner berichtet, daß ein Teil der Zivilarbeiter aus dem Osten bei Bekanntwerden der Rückschläge, die wir im Osten erlitten haben, sich arbeitsunwillig oder gar feindlich zu den Arbeitgebern eingestellt habe.

Beim Bauer Brauweiler in Münstermaifeld ist ein 17-jähriger Ostarbeiter beschäftigt, der habe sich [gegenüber seinem] Arbeitgeber in folgender Form geäußert: ‚Nächstes Jahr ich Chef, dann Du arbeiten!' Der Vorfall wurde vom ... Görres in Münstermaifeld erzählt.
(...)
Allgemein wird gesagt, daß die meisten Zivilarbeiter, fremdvölkische und auch ein Teil der Franzosen, nach Bekanntwerden der neuen Lage sich nicht mehr so arbeitswillig gezeigt haben in der Hoffnung, daß ihnen nun Morgenluft wehe. Bezüglich der Franzosen wird aber betont, daß es sich in der Hauptsache um solche Leute handelt, die von Hause der sogenannten Volksfront angehörten und dementsprechend marxistisch eingestellt sind, wogegen ein sehr großer Teil der kriegsgefangenen Franzosen sich gerade jetzt arbeitswillig und zugänglich zeige; man sieht in ihnen Leute, die sich hinter die Regierung Pétain stellen.

Daß hier und da Kriegsgefangene und fremdvölkische Zivilarbeiter mit der Zivilbevölkerung zu warm werden, wird damit begründet, daß immer noch sehr viele Arbeitgeber mit ihren Leuten fremden Blutes zu sehr Gemeinschaft pflegen, mit ihnen an einem Tisch essen und den Fremdvölkischen als ihresgleichen behandeln."

Quelle: Peter Brommer: Die Partei hört mit. Bd. 2, Teil 1, Nr. 85, S. 300f. (Überlieferung: LHA Koblenz, Best. 662,6 Nr. 449)

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