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Hedwig Brüchert: Zwangsarbeit 1939-1945 – der "Arbeitseinsatz" von zivilen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern in den Regionen des heutigen Landes Rheinland-Pfalz.

Polnische Zwangsarbeiter

Komplettes Merkblatt per Mausklick!

 Abb.: Ausschnitt aus dem Merkblatt  "Behandlung der im Reich eingesetzten  Zivilarbeiter(-innen) polnischen Volktums",  11.4.1940 (HHStA, Abt. 482, Nr. 241-42)

Unmittelbar nach dem Einmarsch der Wehrmacht wurden in Polen deutsche Arbeitsämter eingerichtet, die alle Arbeitskräfte erfassten. Sie rekrutierten ab Herbst 1939 zahlreiche Zivilarbeitskräfte für das Deutsche Reich. Die meist jungen Polinnen und Polen wurden vorwiegend in d er Landwirtschaft eingesetzt, wo vor allem während der Erntezeit großer Arbeitskräftemangel herrschte.

Die polnischen Hilfskräfte wohnten bei ihren Arbeitgebern. Schon bald gab es wohl auch im Gebiet von Rheinland-Pfalz kein Dorf mehr, in dem nicht mehrere Polen die zur Wehrmacht einberufenen deutschen Männer ersetzten.

Mit ihrer Arbeitsleistung waren die Bauern in der Regel sehr zufrieden. Dem Regime bereitete es allerdings Sorge, dass die Polen von den Landwirten "allzu freundlich behandelt" wurden und sich vielerorts Liebesbeziehungen zwischen deutschen Frauen und Mädchen und den polnischen Landarbeitern entwickelten.

                                             

Abb.: Auch in kirchlichen Einrichtungen waren Zwangsarbeitskräfte eingesetzt, wie hier in der Zisterzienser-Abtei Marienstatt im Westerwald

Die "Polenerlasse"
Um der Gefahr der "Überfremdung" zu begegnen und eine strikte Trennung zwischen der einheimischen Bevölkerung und den polnischen Zwangsarbeitskräften durchzusetzen, wurde daher am 8. März 1940 ein Sonderrecht in Kraft gesetzt (die "Polenerlasse"). Fortan mussten die Polen ein Kennzeichen "P" auf der Kleidung tragen; sie wurden u.a. vom Besuch von deutschen Gaststätten und Gottesdiensten ausgeschlossen. Bei "Arbeitsverweigerung", "renitentem Verhalten" oder "nicht genehmigtem Verlassen der Arbeitsstätte" drohten ihnen Verhaftung und die Einweisung in ein Arbeitserziehungs- oder Konzentrationslager. Bei Bekanntwerden einer sexuellen Beziehung mit einer deutschen Frau war für den polnischen Mann "Sonderbehandlung", d.h., die Todesstrafe, vorgesehen.
Dokument: Zitat aus Schreiben des Höheren SS- und Polizeiführers der Westmark in Metz, SS-Gruppenführer Theodor Berkelmann, an die Befehlshaber von Ordnungs- und Sicherheitspolizei sowie des SD im Gau Saarpfalz und Lothringen vom 1. Juli 1941 (LA Speyer Best. H 37 Nr. 2621)

Verhaftungen, Strafen, Hinrichtungen
Meist führte eine Denunziation zur Verhaftung. Die Hinrichtungen wurden ohne Gerichtsverfahren meist umgehend durch die Gestapo an einem fahrbaren Galgen vorgenommen. Als Abschreckungsmaßnahme wurden alle Zwangsarbeiter aus der Umgebung zum Hinrichtungsort geführt und mussten zuschauen, wenn einer ihrer Landsleute erhängt wurde. Etliche Fälle von solchen willkürlichen grausamen Hinrichtungen sind belegt:

  • In einer Kiesgrube bei Engers (Kreis Neuwied) wurde am 16. August 1941 Franciszek Matczak im Beisein von rund fünfzig weiteren Polen erhängt.

  • Am 27. Februar 1942 wurde der Pole Lichowski bei Einöllen (Kreis Kusel) hingerichtet.

  • Am 17. April 1942 wurde der 31-jährige Stefan Krol aus Polen bei Schallodenbach (Kreis Kaiserslautern) erhängt.

  • Am 20. Juli 1942 wurden die polnischen Landarbeiter Wladislaw Bialek und Stanislaw Kaskowiak bei Forst (Kreis Neustadt) durch Erhängen hingerichtet.

  • Im September 1942 wurde der Pole Andrej Machowski bei Bobenheim (Kreis Frankenthal) erhängt.

  • Bei Harxheim (Kreis Kirchheimbolanden) wurden am 10. November 1942 die Polen Josef Pisarek und Tadeus Wojciechowski erhängt, am 22. Dezember 1942 dann im Gemeindewald von Kerzenheim im Kreis Kirchheimbolanden der polnische Zivilarbeiter Leon Dudas.

  • Am 3. Juli 1942 wurde der Pole Marian Abramski in der Nähe des Ortes Briedel (Kreis Zell an der Mosel) erhängt.

  • Auch aus den rheinhessischen Orten Ober-Hilbersheim, Elsheim, Ockenheim und Mainz-Gonsenheim sind solche Hinrichtungen bekannt. Dies sind nur einige Beispiele von vielen.

Dem Tod konnte ein betroffener Pole nur entgehen, wenn er in einem rassischen Gutachten als "wiedereindeutschungsfähig" beurteilt wurde.

Die deutschen Frauen, die einer Liebesbeziehung zu einem Polen überführt oder bezichtigt waren, wurden häufig öffentlich angeprangert, es wurden ihnen die Haare abgeschnitten, sie wurden mit Ruß oder Pech beschmiert und durch die Dorfstraßen geführt, bevor sie ins Gefängnis gebracht und anschließend meist ins Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück eingeliefert wurden.

Dokument: In der Weinbaugemeinde Forst (Kreis Neustadt a.d.W.) wurde durch einen anonymen Briefeschreiber eine Winzerfamilie beim NSDAP-Kreisleiter angeschwärzt, verbotenen Kontakt mit Polen zu unterhalten.

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