Jan Storre: Zwangsarbeit in Speyer 1939 bis 1945 |
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Das Schreiben gewährt ausschnitthaft Einblick in die offenbar sehr beengten Lebensverhältnisse in den städtischen Kriegsgefangenenlagern. Auch eine Mitteilung des Kreiskontrolloffiziers des Kontrollbezirks III, Speyer-Kuhweide, vom 23. August 1941 an die Stadtverwaltung enthält eine umfangreiche Mängelliste zu den Lagern Kuhweide und Eselsdamm. Außer verschiedenen Hilfsmitteln zum Feuerschutz und zur Säuberung der Baracken bemängelt der Kreiskontrolloffizier interessanterweise auch das Fehlen eines Radios im Arbeitskommando 470, Speyer-Eselsdamm [9]. Selbst hinsichtlich der Luftschutzbestimmungen entsprachen die städtischen Lager nicht den Anforderungen der Kreiskontrollstelle [10]. Die verschiedenen Quellen zeigen zwar nur einen Ausschnitt aus den Lebensverhältnissen in den Gefangenenlagern, lassen jedoch einen deutlich negativ geprägten Eindruck angesichts beengter Räumlichkeiten, umfangreicher Mängellisten sowie fehlender Einrichtungen zum Luftschutz entstehen. Die Ernährungssituation hing zwar wesentlich, jedoch nicht ausschließlich von den entsprechenden Verordnungen des Reichsernährungsministeriums ab, denen zufolge Ostarbeiter, Polen, sowjetische Kriegsgefangene und italienische Militär-Internierte besonders schlecht gestellt waren [11]. Dennoch bestanden Freiräume für die Initiative von Unternehmern und Lagerleitung zur Verbesserung der Zwangsarbeiterverpflegung'. Inwiefern allerdings von diesen Freiräumen Gebrauch gemacht wurde, lässt sich am lokalen Beispiel nur schwer beurteilen. Einige Lagerführer versuchten, durch das Anlegen von Gemüsegärten und durch Kleintierzucht die Speisepläne der ausländischen Arbeiter aufzubessern [12]. Ob humanitäres Engagement dieser Art Einzelfälle blieben, ist aufgrund der Quellenlage nicht mehr überprüfbar. Zwar wusste auch die Zeitzeugin Olga M. von spontanen Hilfeleistungen deutscher Kollegen am Arbeitsplatz zu berichten [13], doch überwiegen in den Quellen Klagen über die schlechte Verpflegung. Wie in verschiedenen Studien bereits nachgewiesen [14], so gilt auch für Speyer, dass in einigen Firmen nicht die vorgesehenen Lebensmittelrationen an die Fremdarbeiter ausgegeben wurden. Ein Zwischenfall in der Tabakfabrik Brinkmann aus dem Jahr 1943 legt unter anderem diese Vermutung nahe und zeigt exemplarisch, dass die Westarbeiter in der Praxis keinesfalls - wie vorgesehen - den deutschen Arbeitskräften in der Verpflegung gleichgestellt waren und teilweise unter sehr harten Bedingungen zu leben hatten. Von den zwanzig bei der Firma eingesetzten französischen Zivilarbeitern legten am 12. April zwölf die Arbeit nieder. Sie weigerten sich, ihre Arbeit nach 18.30 Uhr fortzusetzen, obwohl ihre Schicht bis 22 Uhr dauern sollte. Die Kripo Speyer, von der Firma zur Hilfe herangezogen, berichtete:
Die französischen Arbeiter beschwerten sich, dass deutsche Kollegen für dieselbe Tätigkeit Lebensmittelzulagen erhielten. Der Firmenvertreter zeigte sich jedoch nicht gewillt, diese auch den Franzosen zu gewähren. Dazu müssten sie zunächst die gleiche Arbeitsleistung erbringen. Die Kriminalpolizei hatte interessanterweise Verständnis für die Position der Zivilarbeiter, von deren Entkräftung sie sich selbst hatte überzeugen können. Der Streik blieb für die Franzosen ohne negative Folgen und konnte "gütlich erledigt werden" [16]. [9] Vgl. SA Sp. Bestand 6, VII, H 16,
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