Schwangerschaft
M 53 Anordnung des Reichsführers SS und Chefs
der Deutschen Polizei vom 27.7.1943
"Betrifft: Behandlung schwangerer ausländischer Arbeiterinnen
und der im Reich von auslän-dischen Arbeiterinnen geborenen Kinder
[...] Nach der Entbindung werden die ausländischen Arbeiterinnen
gemäss den Anordnungen des Generalbevollmächtigten für
den Arbeitseinsatz baldmöglichst der Arbeit wieder zuge-führt.
Die Entbindungen sollen gemäss Weisung des Generalbevollmächtigten
für den Arbeitsein-satz und des Reichsgesundheitsführers tunlichst
in besonderen Abteilungen der Krankenrevie-re in den Wohnlagern oder den
Durchgangslagern stattfinden. Die Aufnahme in eine Auslän-der-Krankenbaracke
bei einem deutschen Krankenhaus oder ganz ausnahmsweise in eine deutsche
Krankenanstalt kommt nur beim Vorliegen von Regelwidrigkeiten in Frage
oder bei der Notwendigkeit, für die Ausbildung von Studenten oder
Hebammenschülerinnen das Un-tersuchungsgut zu schaffen. In diesen
Fällen muss die Trennung von deutschen Schwangeren gewährleiste
sein. [...]
Die von den ausländischen Arbeiterinnen geborenen Kinder dürfen
auf keinen Fall durch deutsche Einrichtungen betreut, in deutsche Kinderheime
aufgenommen oder sonst mit deut-schen Kindern gemeinsam aufwachsen und
erzogen werden. Daher werden in den Unterkünf-ten besondere Kleinkinderbetreuungseinrichtungen
einfachster Art - "Ausländerkinder-Pflegestätten"
genannt errichtet, in denen diese Ausländerkinder von weiblichen
Angehörigen des betreffenden Volkstums betreut werden.[...]
Die Notwendigkeit, den Verlust deutschen Blutes an fremde Volkskörper
zu verhindern, wird durch die Blutopfer des Krieges verstärkt. Es
gilt daher, die Kinder von Ausländerinnen, die Träger zum Teil
deutschen und stammesgleichen Blutes sind und als wertvoll angesehen wer-den
können [
] nach Möglichkeit dem Deutschtum zu erhalten
und sie daher als deutsche Kinder zu erziehen.
Aus diesem Grunde ist in den Fällen, in denen der Erzeuger des Kindes
einer Ausländerin ein Deutscher oder ein Angehöriger eines artverwandten
stammesgleichen (germanischen) Volks-tums ist, eine rassische Überprüfung
des Erzeugers und der Mutter durchzuführen. [
]
Die gesundheitliche, erbgesundheitliche und rassische Untersuchung wird
von den Ärzten der Gesundheitsämter durchgeführt. Dem SS-Führer
im Rasse- und Siedlungswesen als Vertreter des zuständigen Höheren
SS- und Polizeiführers in seiner Eigenschaft als Beauftragter des
Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstums wird gleichzeitig
Gelegenheit ge-geben, seinerseits seine Feststellungen nach den Richtlinien
des Reichsführers SS zu treffen. [
]
Die Übernahme des gut-rassischen Kindes in die Betreuung des NSV
oder des Lebensborns wird meist dessen Trennung von der am Arbeitsplatz
verbleibenden Mutter notwendig ma-chen.[
]"
Quelle: Polozenie polskich robotników przymusowych w Rzeszy
1939-1945. Documenta occupationis. Bd. IX. Hrsg. von Czeslaw Luczak. Poznan
1975, S. 225-230
M 54 Mitteilung des Hauptamtes/Stadt Wiesbaden, Personalabteilung,
vom 17. August 1944
"Die uns am 3.7.1944 als Arbeitskraft zugewiesene Ostarbeiterin
Sofija B. gebar am 13.8.1944 ein Mädchen, dem sie den Namen Swedlana
gab. Die Entbindung ist im Lager vor-genommen worden. Anmeldung bei dem
Standesamt geschah durch Lagerführer W..
Ab 13.8.44 sind auch für das Kind Unterkunfts- und Verpflegungskosten
nach den bisherigen Sätzen zu berechnen und an dem Lohn der Ostarbeiterin
einzubehalten. [
]
Die Arbeitseinsatzfähigkeit der B. hat der Lagerführer rechtzeitig
dem Haupt-amt/Personalabteilung anzuzeigen."
Quelle: StadtA Wi, WI/2, Nr. 2522
M 55 Mitteilung des Hauptamtes, Personalabteilung, vom
22. August 1944
"Die Ostarbeiterin Sofija B. ist, nachdem ihre Entbindung durchgeführt
ist, nunmehr einsatz-fähig geworden. Sie wird ab 21.8.1944 vormittags
als Putzfrau dem Tiefbauamt (Fuhrpark) und nachmittags dem Schulamt ebenfalls
als Putzfrau überwiesen. Die Beschäftigungszeit soll täglich
10 Stunden betragen."
Quelle: StadtA Wi, WI/2, Nr. 2522
M 56 Schreiben des Arbeitsamtes Wiesbaden an die Kreisbauernschaft
Hessen-Nassau Süd vom 26. Januar 1944
"Nach einem Erlass des Generalbevollmächtigten für den
Arbeitseinsatz sollen sämtliche schwangeren Ostarbeiterinnen sofort
durch die Betriebsführer bezw. die Ortsbauernführer dem Arbeitsamt
gemeldet werden. Ich bitte daher, in einem Rundschreiben die Ortsbauern-führer
darauf hinzuweisen, dass sie sofort bei Bekanntwerden von eintretender
Schwanger-schaft dem Arbeitsamt hiervon Mitteilung machen. Es wäre
dabei noch die genaue Adresse des Betriebsführers sowie der Schwangeren
selbst anzugeben. Da es möglich ist, die Schwan-gerschaft bis zum
5. Monat auf Wunsch der Schwangeren zu unterbrechen, bitte ich, darauf
zu achten, dass die Meldung auch über den Stand der Schwangerschaft
Auskunft gibt. Sofern Schwangere anderer Nationalitäten bekannt werden,
bitte ich, mir auch diese mitzuteilen."
Quelle: HHStA 482/48b
M 57 Schreiben des Reichsgesundheitsführers Conti
vom 26.2.1944
"Im Hinblick auf die Schwangerschaftsunterbrechungen bei Ostarbeiterinnen
taucht immer wieder die Ansicht auf, dass ein Interesse an dem Geborenwerden
zukünftiger Ostarbeiter-hilfskräfte bestehe. Hierzu muss betont
werden, dass diese Ansicht völlig abwegig ist. Es be-steht ein dringendes
Kriegsinteresse daran, dass die Ostarbeiterinnen jetzt in der Rüstungs-produktion
arbeiten. Sich um die Zahl zukünftiger Ostarbeiter oder -arbeiterinnen
Gedanken zu machen, besteht angesichts der bevölkerungspolitischen
Lage nicht die mindeste Veranlas-sung. Eine solche Meinung lässt
eine völlige Unkenntnis der Sachlage und mangelndes Ver-ständnis
für die bevölkerungspolitische Frage erkennen."
Quelle zitiert nach: Vögel, Entbindungsheim S. 50
M 58 Eine "Rassen-Karte"


Quelle: HHStA 483/7362#
M 59 Dienstreisebericht des "Eignungsprüfers"
im Rasse- und Siedlungswesen vom 8. September 1944
"[
]
Überprüfungsgebiet: Mainz, Darmstadt, Heppenheim, Worms, Frankenthal,
Kaiserslautern, Zweibrücken, Saarbrücken und Saargemünd.
Überprüfungsakt: Schwangerschaftsunterbrechung, Wiedereindeutschung,
Ausländerehe-sachen, Sonderbehandlung [
]
[
]
I. Gesundheitsamt - Mainz am 31.8.1944 um 9 Uhr 30:
1. Schwangerschaftsunterbrechung:
a) N., Ekaterina. Kein Einwand gegen Unterbrechung.
b) St., Tamara. Kein Einwand gegen Unterbrechung.
2. Wiedereindeutschung
[
]
b) S., Lidia [
]. Erweckt sehr günstigen Eindruck.
[
]
III. Gesundheitsamt - Heppenheim am 1.9.1944 um 9 Uhr:
1. Schwangerschaftsunterbrechung:
a) Polin J., Franziska [
]. Erzeuger nicht erschienen. Kein Einwand
gegen Unterbrechung.
[
]
IV. Gesundheitsamt Worms am 2.9.1944 um 8 Uhr 30:
1. Schwangerschaftsunterbrechung:
a) Polin W., Halina [
]. Kein Interesse.
[
]"
Quelle: HHStA 483/7359a
M 60 Dienstreisebericht des "Eignungsprüfers"
im Rasse- und Siedlungswesen vom 28. November 1944
"[
]
Überprüfungsgebiet: Mainz, Alzey, Worms, Speyer, Neustadt, Rockenhausen,
Zweibrücken, St. Ingbert, St. Wendel, Birkenfeld, Rockenhausen.
Überprüfungsakt: Schwangerschaftsunterbrechung, Sonderbehandlung,
[
], Ausländer-kinder, Ehesachen, Ausländerehesachen, Wiedereindeutschung,
Ostar-beiterkinder, [
]
[
]
II. Gesundheitsamt - Alzey am 14.11.1944 um 14 Uhr
[
]
2. Schwangerschaftsunterbrechung
a) Litauerin Bronislawa D. [
]. Schwangerschaft bereits im 7. Monat,
Unterbrechung kann daher nicht mehr erfolgen.
b) Litauerin K. und Ostarbeiterin G. bereits zum 2ten mal nicht erschienen!
III. Gesundheitsamt Worms am 15.11.1944 um 14 Uhr
[
]
4. Schwangerschaftsunterbrechung und Wiedereindeutschung:
a) Wera M. [
], will unterbrochen werden. Macht etwas undurchsichtigen,
hinterhältigen Eindruck, kommt für Wiedereindeutschungsverfahren
m. E. nicht in Frage.
[
]"
Quelle: HHStA 483/7359a
M 61 Schreiben des Präsidenten des Gauarbeitsamts
und Reichstreuhänders der Ar-beit Rhein-Main an die Arbeitsämter
im Bezirk des Gauarbeitsamts Rhein-Main und Kurhessen vom 24. Mai 1944
"Bei einem Besuch im Hilfskrankenhaus Pfaffenwald durch meinen Leitenden
Arzt wurde seitens des russischen Arztes darüber Beschwerde geführt,
das ihm seitens der Arbeitsämter sowohl aus dem Bezirk des Gauarbeitsamtes
Rhein-Main wie aus dem Bezirk des Gauar-beitsamts Kurhessen schwangere
Ostarbeiterinnen in größeren Transporten zugeführt wurden
(darunter Transporte mit 25 Frauen), die sich überwiegend bereits
im fortgeschrittenen Stadium der Schwangerschaft befanden.
Infolge Fehlens ausgiebiger ärztlicher Instrumente war es daher nicht
immer möglich, alle Fälle sofort zu erledigen, weshalb den Arbeitsämtern
eine Anzahl der Frauen wieder zurückgeschickt werden musste, da sie
sonst sich unnütz im Lager Pfaffenwald mehrere Wochen hätten
aufhalten müssen. Den betreffenden Frauen wurde durch den russischen
Arzt eine schriftliche Mitteilung übergeben, zu welchem Termin sie
wieder zur Durchführung der Un-terbrechung nach Pfaffenwald kommen
sollten. Dieser durch den russischen Arzt veranlassten Lenkung der Schwangerschaftsunterbrechung
wurde jedoch in den wenigsten Fällen Rechnung getragen, so dass anzunehmen
ist, dass die betreffenden Frauen den Wiedereinberufungsbescheid vernichtet
haben und anscheinend gewillt sind, entgegen ihrer früheren Bereitwilligkeit
zur Durchführung der Unterbrechung, nunmehr das zu erwartende Kind
bis zur Entbindung auszutragen. [
] Bei dieser Gelegenheit teile
ich den Arbeitsämtern gleichzeitig mit, dass Ostarbeiterinnen ihrem
Betriebsführer gegenüber sich geäußert haben, dass
der russische Arzt die Durchführung der Schwangerschaftsunterbrechung
von einer Zuwendung wie Butter, Eier, Brot, Kartoffel und Geld abhängig
gemacht habe. Diesen Erzählungen ist jedoch kein Glaube beizumessen,
da auf Grund einer durch meinen Leitenden Arzt im Hilfskranken-haus Pfaffenwald
vorgenommenen Einvernahme des russischen Arztes sich die Haltlosigkeit
der Anschuldigungen einwandfrei herausgestellt hat. Der russische Arzt
wird durch den deut-schen Lagerarzt, Herrn Med.-Rat Dr. F., als ein äußerst
gewissenhafter und tüchtiger, in sei-nem Fach erfahrener Arzt geschildert.
Mein Leitender Arzt kann diese Feststellung nur bestä-tigen, dahin
ergänzend, dass es bisher trotz der ziemlich weit fortgeschrittenen
Schwanger-schaftsfälle noch in keinem einzigen Falle zu einer Gefährdung
des Lebens einer Ostarbeiterin gekommen ist.
[
] Allgemein zur Kenntnis der Arbeitsämter diene, dass Unterbrechungsfälle
im 2. und 3. Monat innerhalb 4 Tagen in den beiden Hilfskrankenhäusern
erledigt werden. Im Lager Pfaffenwald wird eine Unterbrechung durch den
russischen Arzt aus medizinischen Gründen im 4½ - 5. Monat
der Schwangerschaft nicht durchgeführt, dagegen wieder Unterbrechungsfälle
im 6. Monat unbedenklich. Im Hilfskrankenhaus Kelsterbach werden allgemein
nur Unterbre-chungsfälle bis zum 5. Monat der Schwangerschaft durchgeführt."
Quelle: HHStA 483/7359a
M 62 Schreiben des Arbeitsamtes Wiesbaden an den Führer
im Rasse- und Siedlungs-wesen beim Höheren SS-und Polizeiführer
Rhein-Westmark vom 24. Juni 1944
"In letzter Zeit mehren sich die Fälle in denen Ostarbeiterinnen
bezw. Polinnen die Schwan-gerschaftsunterbrechung hier beantragt haben
und, nachdem mir die erforderlichen Genehmi-gungen zur Durchführung
vorliegen, sich weigern, die Unterbrechung vornehmen zu lassen. So z.B.
hatte ich am 18.4.44, 7 Ostarbeiterinnen und 1 Polin zur Schwangerschaftsunterbre-chung
dem Lager Pfaffenwald, Kreis: Hersfeld, zugeführt und es weigerten
sich sämtliche Ausländerinnen, die Unterbrechung durchführen
zu lassen. Diese mussten deshalb nach 2 Ta-gen wieder zu ihrem Betriebsführer
in Marsch gesetzt werden. Ich habe die Ausländerinnen daraufhin vorgeladen
und diese halten ihre Weigerung weiterhin aufrecht. Obwohl mir in je-dem
Falle die Einwilligung zur Unterbrechung durch diese Ausländerinnen
unterschrieben vorliegt, sehe ich keine Möglichkeit, dieselben zur
Unterbrechung zu zwingen. Da eine grundsätzliche Anordnung des Herrn
GBA, wie in solchen Fällen zu verfahren ist, nicht vor-liegt, bitte
ich um Mitteilung, ob Ihnen gegebenenfalls Anordnungen bekannt sind, wonach
solche Ausländerinnen zur Durchführung gezwungen werden können."
Quelle: HHStA 483/7359a
M 63 Schreiben des Fürsorgekommandos im Rasse-
und Siedlungswesen beim Höheren SS-und Polizeiführer Rhein-Westmark
an das Arbeitsamt Wiesbaden, Abteilung Ärztlicher Dienst, vom 1.
September 1944
"Zwangsmaßnahmen, die Schwangerschaftsunterbrechung durchführen
zu lassen, sind nicht vorgesehen. In Fällen, in denen die Antragstellerinnen
es offenbar darauf absehen, Unruhe zu stiften, Dienststellen zu belasten
und der ordentlichen Erledigung ihrer Angelegenheit aus dem Wege zu gehen,
dürfte die Einschaltung der Geheimen Staatspolizei geboten sein,
damit eine Wiederholung solcher Dinge unter allen Umständen vorgebeugt
wird."
Quelle: HHStA 483/7359a
M 64 Schreiben des Arbeitsamtes Wiesbaden, Abteilung
Ärztlicher Dienst, an den Hö-heren SS- und Polizeiführer
in Wiesbaden vom 15. März 1944
"Die Erfahrungen in letzter Zeit haben gezeigt, dass die Betriebsführer
bei denen sich schwangere ausländische Arbeitskräfte (Ostarbeiterinnen
oder Polinnen) im Einsatz befinden, eine Unterbrechung der Schwangerschaft
[
] bei verschiedenen Dienststellen beantragen. Diese Anträge
werden von da aus wieder an andere Dienststellen (Geheime Staatspolizei,
Reichsärztekammer, Höherer SS- und Polizeiführer, Gauarbeitsamt
usw.) weitergeleitet und kommen in vielen Fällen erst so verspätet
zu mir, dass eine Unterbrechung der Schwanger-schaft in vielen Fällen
nicht mehr durchgeführt werden kann. In einigen Fällen hatte
die Aus-länderin bereits entbunden, als mir der Antrag zugeleitet
wurde. Um eine einheitliche Bearbeitung, die auch Erfolg verspricht, zu
gewährleisten, bitte ich Anträge auf Schwangerschaftsunterbrechung
direkt an mich (Arbeitsamt Wiesbaden-Ärztlicher Dienst-) weiterzulei-ten.
Ich werde dann diese Ausländerinnen schnellstens vorladen und mir
eine formularmäßige Bescheinigung unterschreiben lassen, wonach
eine Unterbrechung der Schwangerschaft bean-tragt wird.
Sofort nach Vorliegen dieser Bescheinigung wird durch mich die Reichsärztekammer,
der Höherer SS- und Polizeiführer, das Jugendamt sowie das Gauarbeitsamt
benachrichtigt und die Unterbrechung nach Vorliegen der erforderlichen
Genehmigungen schnellstens durchge-führt. [
]"
Quelle: HHStA 483/7359b
M 65 Schreiben des Präsidenten des Gauarbeitsamtes
und Reichstreuhänders der Arbeit Rhein-Main an den Führer im
Rasse- und Siedlungswesen beim Höheren SS-und Polizeiführer
Rhein-Westmark vom 16. Mai 1944
"Seitens mehrerer Arbeitsämter meines Bezirkes und auch der
Arbeitsämter des Bezirks Kur-hessen wird bei mir darüber Klage
geführt, dass bei dem [
] von mir angeordneten und von Ihnen
gewünschten Meldeverfahren eine Verzögerung in der Durchführung
von Schwanger-schaftsunterbrechungen Platz gegriffen habe. So berichtet
mir das Arbeitsamt Frankfurt a. M., dass Anträge dieses Amtes bei
Ihnen im März diesen Jahres eingereicht und erst am 10 Mai entschieden
wurden. Die in Frage stehenden Ostarbeiterinnen befanden sich bei der
Antrags- bezw. Bereiterklärung zur Durchführung der Schwangerschaftsunterbrechung
im 4. bezw. 5. Monat ihrer Schwangerschaft. Aufgrund einer vom Lagerarzt
vorgenommenen Untersuchung, die anlässlich des Unterbrechungsaktes
erfolgt ist, stellte es sich heraus, dass die schwangeren Ostarbeiterinnen
sich bereits im 7. Monat ihrer Schwangerschaft befanden, aus welchem Grunde
die Unterbrechung nicht mehr vorgenommen werden konnte. Ähnlich gelagerte
Fälle werden mir noch von weiteren Arbeitsämtern gemeldet."
Quelle: HHStA 483/7359a
M 66 Bericht des Fürsorge- und Jugendamtes Wiesbaden
über die Inspektion des Ost-arbeiterinnenlagers an der Welfenstraße
am 27. Februar 1943
"Der Besuch am 27.II.43 in dem Ostarbeiterinnenheim ergab, dass
die Einstellung einer in Kranken- und Säuglingspflege erfahrenen
Person jetzt unbedingt erforderlich ist.
Es sind bis jetzt zwei Frauen mit Kindern anwesend und eine dritte wird
in diesen Tagen hin-zukommen. Die Mutter namens G. mit dem 4 Wochen alten
Säugling war bereits schon ein-mal wegen Wochenbettfieber im Krankenhaus
gewesen. Sie kann das Kind nicht selbst näh-ren und weiß auch
offenbar mit der Ernährung und Behandlung eines Säuglings nicht
Be-scheid.
Die zweite Mutter kann ihr Kind bis jetzt stillen. Wie eine Nachfrage
ergab, ist unter den zur Zeit anwesenden Frauen keine darunter, die in
Säuglingspflege Erfahrung hat. [
] Ferner wä-re anzustreben,
dass die zur Zeit noch in dem Heim aus anderen Betrieben untergebrachten
Arbeiterinnen verlegt würden, da besonders die in Nachtschichten
Arbeitenden durch die Kinder tagsüber gestört werden.
Sehr dringend ist noch die Beschaffung einer Nähmaschine, um die
von der Spinnstoffsamm-lung überlassenen Sachen umzuarbeiten. Vom
Städtischen Krankenhaus wurden für das Ost-arbeiterinnenheim,
Welfenstraße, vier Kinderbettchen mit den dazugehörigen Matratzen,
De-cken und Kissen und Wäsche zum Wechseln sowie je 8 Hemdchen und
Jäckchen zur Verfü-gung gestellt, ferner 2 Milchflaschen und
zwei Sauger."
Quelle: StadtA Wi, WI/2, Nr. 2521
M 67 Vermerk des Hauptamtes, Personalabteilung, vom
15. März 1943
"Das Ostarbeiterinnenlager wurde in den letzten Tagen verschiedentlich
besucht. Als beson-derer Notstand ist noch immer das Fehlen der Kinderbadewanne
zu vermerken. Das Kind der G. ist jetzt bald drei Wochen im Lager und
konnte noch nicht gebadet werden. In einem Mo-nat kommt ein weiteres Kind
hinzu, außerdem sind, wie schon früher erwähnt, 5 Mütter
mit Kindern gemeldet; [
] anstelle der Badewanne könnte auch
irgendein anderes Behältnis, wie Holzzuber, größere Schüssel
behelfsmäßig verwandt werden, die vorhandene Waschschüssel
ist unzureichend."
Quelle: StadtA Wi, WI/2, Nr. 2521
M 68 Bericht des Fürsorge- und Jugendamtes Wiesbaden
über die Inspektion des Ost-arbeiterinnenlagers an der Welfenstraße
am 24. Juni 1943
"Das Ostarbeiterinnenlager wurde am 24.6. zuletzt besucht. Nach
den seitherigen Beobach-tungen müsste es sich meines Erachtens bei
den Frauen unbedingt herbeiführen lassen, dass sie selbst mehr für
Sauberkeit und Ordnung innerhalb der Schlafräume, der Vorräume
sowie der nächsten Umgebung des Hauses sorgen. Es könnten z.
B. die Flächen zwischen den Bara-cken zum Anbau von Gemüse usw.
verwandt werden. Die notwendigen Arbeiten könnten in der freien Zeit
von den Lagerinsassen ausgeführt werden. Es dürfte dies wohl
keine außerge-wöhnliche Beanspruchung bedeuten, da im Arbeitseinsatz
stehende deutsche Hausfrau auch noch nach ihrem Dienst Haushalt und Kinder
zu versorgen hat sowie ihre Einkäufe tätigen muss.
Die Ernährung ist zur Zeit, wie meist vor der Ernte, eintönig
und unzureichend, besonders die zur Zeit noch stillende Mutter klagt,
dass sie nicht mehr genügend Milch hat und die ihr für das Kind
zur Verfügung stehende Nahrung nicht ausreicht. Bis jetzt hat sich
das körperlich zarte Kind gut entwickelt.
Da demnächst drei Frauen niederkommen, wäre es angebracht, für
einen kleinen Bestand an Kinderwäsche und Kinderbettwäsche zu
sorgen, der von der Lagerfrau F. zu überwachen wä-re. Nach den
bisherigen Erfahrungen sind die Frauen wenig sorgsam, die vorhandenen
Milch-flaschen sind z. B. längst zerschlagen.
Die Nähmaschine kann auch noch immer nicht benutzt werden, die einzige
Nadel ist abgebro-chen, und es versteht niemand, die Maschine zu handhaben,
da es sich um ein altes, unbe-kanntes System handelt. Ein Mechaniker müsste
die Lagerschwester hierin einmal unterwei-sen, damit sie es den Frauen
zeigen kann."
Quelle: StadtA Wi, WI/2, Nr. 2522
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