Die Position der Ostarbeiterinnen im Zwangsarbeitssystem

M 12 Sauckel auf einer Tagung der Arbeitseinsatzstäbe am 6.1.1943:

"Freilich, vor Maschinen stelle ich, solange ich sie von Ihnen bekomme, Russinnen. Was da drüben in Sowjetrussland lebt, ist gesund. Ich werde diese Russinnen zu Hunderten und Tausenden ansetzen. Sie werden für uns arbeiten. Sie halten zehn Stunden durch und machen jede Männerarbeit. Die Russinnen brauchen keine besondere Freizeit, um ihren Haushalt in Ordnung zu halten; sie brauchen keinen Waschtag. Das alles aber muss unseren deutschen Frauen ermöglicht werden."

Quelle zitiert nach: Vögel, Bernhild: "Wir haben keinen angezeigt". Sowjetische Zwangsarbeiterinnen in Nazi-Deutschland. In: Lust und Last. Sowjetische Frauen von Alexandra Kollontai bis heute. Hrsg. von Kristine von Soden. (Berlin 1990) S. 66


M 13 Schreiben Leys an Himmler vom 14.12.1942

"Es ist unbedingt notwendig [...], dass der Arbeitseinsatz der deutschen Frau mit aller Vor-sicht und größter Verantwortung durchgeführt wird. Hieraus folgt, dass man die deutschen Frauen niemals untermischt mit fremdländischen Arbeiterinnen (Ostarbeiterinnen) arbeiten lassen sollte. Die Ostarbeiterinnen sind körperlich stärker gebaut als die deutsche Frau und die deutsche Frau kann schon allein körperlich niemals das gleich leisten wie die Ostarbeiterin."

Quelle zitiert nach: Ingrid Schupetta: Frauen- und Ausländererwerbstätigkeit in Deutschland von 1939 bis 1945. Köln 1983 (Pahl-Rugenstein Hochschulschriften Gesellschafts- und Naturwissenschaften, Bd. 127, Serie Faschismusstudien) S. 160


M 14 Erlass des Rüstungsministers für Rüstung und Kriegsproduktion vom 22.9.1944

"Im Rahmen der vom Reichsbevollmächtigten für den totalen Kriegseinsatz, Reichsminister Dr. Goebbels, durchgeführten Kriegsmaßnahmen werden in der Hauptsache deutsche Frauen anfallen. Diese Frauen müssen an für sie geeignete Rüstungsfertigungen gebracht werden, um Arbeitskräfte, die sich für körperlich schwere Arbeit eignen, abzulösen.
Zur Gewinnung von männlichen Arbeitskräften und Ostarbeiterinnen zum Einsatz in Berg-bau, eisenschaffenden Industrie, Warmbetriebe, Panzerbau, Schiffbau und ähnlich schwere Fertigungen ordne ich folgendes an:
1. In den in der Anlage aufgeführten [leichten] Fertigungen dürfen spätestens ab 1.10.1944 grundsätzlich in- und ausländische männlich Arbeitskräfte, Kriegsgefangene sowie Ostarbei-terinnen nicht mehr beschäftigt werden.
[...]
7. Zu jedem 20. eines Monats ist mir von den Rüstungsdienststellen zu melden, wie viele männliche Arbeitskräfte, Kriegsgefangene und Ostarbeiterinnen [...] zugunsten schwerer Ar-beit umgesetzt worden sind."

Quelle abgedruckt in: Brade S. 23


M 15 Schreiben der Regierung Hildesheim vom 22.1.1945 an das Gewerbeaufsichtsamt

"[...] Bei der Erteilung [von] Nachtarbeitszeitgenehmigungen für die Ausländerinnen wird nicht engherzig verfahren, insbesondere dann nicht, wenn der Einsatz von Ostarbeiterinnen als Ersatz für deutsche Frauen bei unvermeidlicher Nachtarbeit in Rede steht [...]."

Quelle in: Raimond Reiter: Frauen im Dritten Reich in Niedersachsen. Eine Dokumentation. Pfaffenweiler 1998 (Frauen in Geschichte und Gesellschaft, Bd. 33) S. 171


M 16 Schreiben des Amtes "Gesundheit und Volksschutz" der DAF, Kreis Wiesbaden an die Gauhauptabteilung "Gesundheit und Volksschutz", Frankfurt vom 27.11.1943

"Seit 3 Jahren arbeiten bei der Chemischen Fabrik Kalle & Co. in Wiesbaden-Biebrich Frauen in 3 Schichten (Früh-, Spät- und Nachtschichten zu je 8 Stunden). Sie haben eine halbe Stunde Pause und erhalten während der Nachtschicht ein warmes Nachtessen; ferner Tee und Frischmilch [...]. Die meisten Frauen sind im Kunstdarmbetrieb beschäftigt, wo es an einigen Arbeitsplätzen, besonders in der Nachtschicht, recht warm ist. [...]. In letzter Zeit wurden die deutschen Frauen, welche in Tag-Nachtschichtwechsel arbeiten, weitgehend durch Ostarbeiterinnen ersetzt. [...] Bei den Glyco-Werken sind fast nur Ostarbeiterinnen hierfür eingesetzt."

Quelle: HHStA 483/3227


M 17  Schreiben des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz, Fritz Sauckel, an die Präsidenten der Landesarbeitsämter vom 17.6.1943

"Ich habe bereits früher darauf hingewiesen, dass jugendliche Ostarbeiterinnen nur mit solchen Arbeiten beschäftigt werden sollen, zu denen sie geeignet sind. Der Reichsmarschall des Großdeutschen Reiches hat, veranlasst durch die Erfahrungen bei der Besichtigung eines Eisenwerks, angeordnet, dass 14jährige Ostarbeiterinnen, die für den Arbeitseinsatz im Deutschen Reich angeworben worden sind, nur mit solchen Arbeiten beschäftigt werden sollen, denen sie auch körperlich gewachsen sind. Ich bitte erneut, diesen Grundsatz künftig sorgfältig zu beachten."

Quelle: Reiter, Frauen im Dritten Reich S. 185

M 18  Lohnverhältnisse im BMW-Werk Allach, Durchschnittsverdienste 1942 (in Reichsmark)

 

September

Dezember

Deutsche Arbeitskräfte

Facharbeiter männlich

Angelernte männlich

Ungelernte männlich

Angelernte weiblich

Ungelernte weiblich

Ausländische Arbeitskräfte

Facharbeiter männlich

Angelernte männlich

Ungelernte männlich

Angelernte weiblich

Ungelernte weiblich

 

1,43

1,26

1,07

0,72

0,62

1,20

1,16

0,97

0,66

0,59

 

1,56

1,34

1,05

0,73

0,62

1,07

1,12

0,79

0,72

0,45

Erstellt nach: Heusler S. 315

M 19  Qualifikationsverteilung ausländischer Arbeiter bei der Gussstahlfabrik Essen, November 1942

Arbeitergruppe

Facharbeiter

%

eingesetzt als Angelernte

%

Hilfsarbeiter

%

Franzosen

Holländer

Italiener

frz. Kriegsgef.

sowj. Kriegsgef.

weibl. Ostarb.

männl. Ostarb.

487

305

558

112

168

  89

197

39,5

23,2

23,1

12,6

  7,5

  5,8

  5,2

  528

  671

1.249

  458

  914

  583

1.706

42,8

51,0

51,7

51,5

40,6

37,8

44,6

  218

  338

  605

  319

1.173

  945

1.923

17,7

25,7

25,0

35,9

52,1

61,2

50,2

Quelle abgedruckt in: Herbert, Fremdarbeiter S. 239

M 20 Rundschreiben der Bezirksgruppe Süddeutschland der Wirtschaftsgruppe Bergbau vom 25.6.1942

"Da die Arbeitsschutzbestimmungen nicht für russische Zivilarbeiterinnen gelten, können die-se mit allen vorkommenden Arbeiten beschäftigt werden. Es ist dabei zu berücksichtigen, dass die Frau in Sowjetrussland auch schwerste Arbeiten verrichtet (z.B. Bergbau untertage). Die Möglichkeit des Einsatzes russischer Zivilarbeiterinnen bietet zugleich die Möglichkeit, die noch im Bergbau mit körperlich schweren oder schmutzigen Arbeiten beschäftigten deut-schen Frauen abzulösen."

Quelle zitiert nach: Annegret Hansch-Singh: Rassismus und Fremdarbeitereinsatz im Zweiten Weltkrieg. Berlin 1991, S. 149, Fn. 49


M 21 Erfahrungsbericht vom 21.6.1943 über den Einsatz sowjetischer Zwangsarbeiter bei Carl Zeiss Jena

"Der Einsatz der Ostarbeiter, vor allem der Ostarbeiterinnen, hat in unserem Hause überall Er-folge gezeigt. [...]. Von den Betriebsabteilungen, die zuerst dem Einsatz der Ostarbeiter ab-wartend gegenüberstanden, wird heute immer wieder der Wunsch laut, nur diese Arbeitskräfte zu bekommen. Ihre Arbeitsehrziehung, ihre geringen Versäumnisse, die Unmöglichkeit des In-Urlaub-Fahrens sind wichtige Erleichterungen für die Stetigkeit im Fertigungsablauf des Betriebes. Unter der Führung von verantwortungsbewussten deutschen Arbeitskameraden und -kameradinnen erfüllt insbesondere die Ostarbeiterin weitgehend die mit unserer Fertigung verbundenen Aufgaben. Unser Wunsch ist deshalb: noch mehr Ostarbeiterinnen."

Quelle: Bleyer, Wolfgang und Klaus Drobisch: Dokumente zur Ausbeutung ausländischer Zwangsarbeiter durch das deutsche Monopolkapital im zweiten Weltkrieg. In: Bulletin des Arbeitskreises "Zweiter Weltkrieg", Nr. 3, 1970, S. 67.


M 22            Arbeitsproduktivität verschiedener Zwangsarbeitergruppen 1943/44 in Industrie und Bauwesen

Zivilarbeiter

Studie I

Zivilarbeiter

Studie II

Ostarbeiterinnen

Tschech. Facharbeiter

Franzosen, Belgier

Ostarbeiter

Italiener

Arbeiter vom Balkan

Dänen, Niederländer

90-100%

90-100%

  80-  95%

  60-  80%

       70%

  50-  70%

  50-  70%

Flamen

Ostarbeiterinnen

Ostarbeiter

Franzosen, Wallonen

Ital., Kroaten, Serben

Niederländer, Polen

     100%

90-100%

80-100%

        80%

   70-  80%

   60-  80%

Quelle abgedruckt in: Spoerer S. 186

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