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Brief des Betriebsleiters der Heyl'schen Lederwerke, Baron Ludwig von Heyl, an den Oberstleutnant von N. im Reichsministerium für Bewaffnung und Munition vom 27. März 1943

"Lieber Herr von N[.]!

Zu diesem auch schon lange geplanten Brief werde ich durch eine eben erhaltene Mitteilung des hiesigen Arbeitsamtes beschleunigt getrieben, in dem uns angekündigt wird, daß unsere russischen Ostarbeiter übermorgen – am Montag – in eine Konservenfabrik abkommandiert werden sollen. Wir haben protestiert, weil damit unser Betrieb in größte Schwierigkeiten käme, da der Termin vor allem so unerhört kurz angesetzt ist. Das Arbeitsamt will sehen, uns in dieser Beziehung ein wenig zu helfen, erklärt aber, daß wir in aller kürzester Frist diese Ostarbeiter durch die neu mobilisierten Frauen ersetzen müssen. Das geht ja nun gar nicht, denn eine Lederindustrie -- vor allen Dingen für Kriegsleder -- wo auch in einem Betrieb wie dem meinen schwere Häute verarbeitet werden müssen, hat nur eine beschränkte Zahl Arbeitsmöglichkeiten für Frauen. Diese sind alle bereits ausgenutzt. Die Russen-Frauen haben wir sogar schon an Männerarbeiten stellen müssen, da die Lederindustrie und auch besonders wir hier [...] schon bis über die Grenzen des Möglichen ausgekämmt sind. Der Bestand an männlichen deutschen Arbeitern ist nicht nur zahlenmäßig viel zu gering, sondern qualitätsmäßig durch hohe Altersstufen und Gebrechlichkeiten nicht ausreichend, Deshalb haben wir uns schon vor 2 Jahren dringend um die Zuteilung von männlichen Arbeitskräften aus ausländischen Quellen bemüht und nach dreivierteljährigem Kampf endlich im Mai 1942 erreicht, daß wir Russenfrauen und im Juni 42 auch Russenmänner erhielten. (Frauen 38, Männer 18). Wir haben diese Leute nun eingearbeitet [...] und sollen nun im Verlauf von 2 Tagen diese Arbeitskräfte einfach abgeben.

Quelle: Stadtarchiv Worms, Abteilung 180/1 Nr. 401.

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