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Merkblatt I
Pflichten der Zivilarbeiter und -arbeiterinnen polnischen Volkstums
während ihres Aufenthaltes im Reich
Jedem Arbeiter polnischen Volkstums gibt das Großdeutsche Reich
Arbeit, Brot und Lohn. Es verlangt dafür, dass jeder die ihm zugewiesene
Arbeiter gewissenhaft ausführt und die bestehenden Gesetze und Anordnungen
sorgfältig beachtet.
Für alle Arbeiter und Arbeiterinnen polnischen Volkstums im Großdeutschen
Reich gelten folgende besondere Bestimmungen :
1. Das Verlassen des Aufenthaltsortes ist streng verboten.
2. Während des von der Polizeibehörde angeordneten Ausgehverbotes
darf auch die Unterkunft nicht verlassen werden.
3. Die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel, z.B Eisenbahn,
ist nur mit besonderer Erlaubnis der Ortspolizeibehörde gestattet.
4. Alle Arbeiter und Arbeiterinnen polnischen Volkstums haben die ihnen
übergebenen Abzeichen stets sichtbar auf der rechten Brustseite eines
jeden Kleidungsstückes zu tragen. Das Abzeichen ist auf dem Kleidungsstück
fest anzunähen.
5. Wer lässig arbeitet, die Arbeit niederlegt, andere Arbeiter aufhetzt,
die Arbeitsstätte eigenmächtig verläßt usw. erhält
Zwangsarbeit im Konzentrationslager. Bei Sabotagehandlungen und anderen
schweren Verstößen gegen die Arbeitsdisziplin erfolgt schwerste
Bestrafung, mindestens eine mehrjährige Unterbringung in einem Arbeitserziehungslager.
6. Jeder gesellige Verkehr mit der deutschen Bevölkerung, insbesondere
der Besuch von Theatern, Kinos, Tanzvergnügen, Gaststätten und
Kirchen, gemeinsam mit der deutschen Bevölkerung, ist verboten. Tanzen
und Alkoholgenuß ist nur in den den polnischen Arbeitern besonders
zugewiesenen Gaststätten gestattet.
7. Wer mit einer deutschen Frau oder einem deutschen Mann geschlechtlich
verkehrt, oder sich ihnen sonst unsittlich nähert, wird mit dem Tode
bestraft.
8. Jeder Verstoß gegen die für die Zivilarbeiter polnischen
Volkstums erlassenen Anordnungen und Bestimmungen wird in Deutschland
bestraft, eine Abschiebung nach Polen erfolgt nicht.
9. Jeder polnische Arbeiter und jede polnische Arbeiterin hat sich stets
vor Augen zu halten, dass sie freiwillig zur Arbeit nach Deutschland gekommen
sind. Wer diese Arbeit zufriedenstellend macht, erhält Brot und Lohn.
Wer jedoch lässig arbeitet und die Bestimmungen nicht beachtet, wird
besonders während des Kriegszustandes unnachsichtig zur Rechenschaft
gezogen.
Quelle: Stadtarchiv Worms, Abt. 13 Nr. 1061.
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